Geschichte der Insulinpumpentherapie

Geschichte der Insulinpumpentherapie

Ende der 1970er Jahren kam die medizinische Sensation raus, dass der Einsatz einer Insulinpumpe zur kontinuierlichen subkutanen Insulingabe für Typ-1-Diabetiker geglückt sei. Die Betonung muss hier auf subkutan liegen, da man zuvor als Verbesserung der subkutanen Insulingaben mit großen Dosierungen versucht hatte, das Pumpenprinzip (kontinuierliche geringe Mengen) intravenös zu versuchen. Dies führte zu großen Problemen mit den Einstichstellen. Sepsis und Thrombose waren die begrenzenden Faktoren dieses Versuches. So begann Pickup und sein Team 1976 mit der Entwicklung einer kontinuierlichen subkutanen Insulininfusion (CSII), die heute bekannte Insulinpumpentherapie. Die Grundlage bildete eine neu entwickelte batteriebetriebene Spritzenpumpe, namentlich: „Mill Hill Infusor“, welches in der Lage war rund um die Uhr Insulin abzugeben. Durch Schrauben konnten zusätzliche, heute würde man sagen Bolus-Einheiten, gepumpt werden. Da die Geschwindigkeit der „Basalrate“ immer konstant war, musste sie mithilfe von Kochsalzlösungen angepasst werden. Die Kanäle des Katheters lag subkutan und wurde mit einem Pflaster gesichert. Während die Pumpe mit einem Verband oder Netz am Patienten befestigt wurde. Ein Katheterwechsel erforderte jedoch einen steril durchzuführenden ärztlichen Eingriff. Obwohl dies noch sehr kompliziert anmutet, waren die Erfolge dieser Therapieform sichtbar. So dass der Weiterentwicklung nichts mehr im Wege stand. In Deutschland waren Renner und Hepp zwei Wissenschaftler die sich dem widmeten.

In den 80er Jahren gab es eine Reihe von wichtigen Weiterentwicklungen: Anfang des Jahrzehnts wurde in den USA die Pumpe Auto-Syringe AS 6C mit variabler Fördergeschwindigkeit entwickelt. Die Promedos Pumpen von Siemens ging als einer der ersten dahin implantierbar zu werden. Dafür entwickelte man die sogenannte Rollerpumpe. Die CPI 9100 war eine der ersten Insulinpumpen, 1982, welche über eine individuell programmierbare Basalrate verfügte, welche lustiger weise jedoch jeden Abend neu eingestellt werden musste, da sie noch kein speicherfähigen Datenspeicher hatte (RAM). In den 80er Jahren kamen immer mehr Insulinpumpen heraus, welche einzelne heute bekannte Features einführten: Bspw. die Nordisk Infuser, welche als erste die Nutzung vorgefertigter Ampullen erlaubte. Die Dahedi RW90/91, eine in Holland Mitte der 80er Jahre erschienene Pumpe, war die erste kleinere Insulinpumpe, die dazu auch noch leicht zu bedienen war und so vor allem bei Frauen gut angenommen wurde. Was bei der CPI 9100 noch das Problem war, wurde bei der Hoechst MRS1-Infusor gelöst. Die stündlich über einen Tag programmierbare Basalrate konnte, zwar zu Beginn nur vom Arzt, einprogrammiert werden. Für die gleiche Pumpe wurde auch das erste Pumpeninsulin H-Tronin entwickelt. Dieses war durch den Zusatz von oberflächenaktiven Stoffen stabiler im Fluss durch Ampulle, Katheter und Kanüle. Das Pumpeninsulin wurde zum heutigen Insuman Infusat weiterentwickelt. Die MiniMed 507, erschienen im Jahre 1996, enthielt als Erste einen verlängerten Bolus, womit der zweite große Vorteil der Pumpentherapie, die Anpassung an lang verdaulichen Kohlenhydraten, eingeführt wurde.

Nutzergrößen: Die erste Zählung von Insulinpumpenträger war 1991 mit ca. 4000 veranschlagt worden. Im Jahre 1995 waren es schon 10.000, während 2003 die Zahl auf 40000 und weltweit auf 200.000 geschätzt wurde.

Diabetes im Bett Bekenntnis eines Annonymen Diabetikers

Diabetes im Bett Bekenntnis eines Annonymen Diabetikers

Mein 17. Lebensjahr wurde mit der mir neuen Krankheit Diabetes ein entscheidendes Jahr. Ich kann schon sagen, dass die Krankheit mein Leben verändert hat.
Jede, der ersten Unterzuckerungen machte mich nachdenklicher, und Lebensbewußter. Nun ist dies schon eine ganze Weile her und Diabetes wurde ein fester Bestandteil meines Lebens. Auch meines Sexuallebens.

In den ersten 2 Jahren merkte ich noch keinen Zusammenhang zwischen Diabetes und Sex. Als ich im 3. „Diabetesjahr“ eine neue Beziehung einging machte ich schon Erfahrungen diesbezüglich. Oft aß oder trank ich noch spät Abends, so dass ich dementsprechend spritzen musste (Ich hab die ICT).
Wenn der Tag recht anstrengend war und ich vor dem Essen nicht gemessen hab (sowas vergesse ich öfters – leider) und ich dann auch noch zu Guter letzt früh (weniger 2,5h nach dem Spritzen) zu meiner Partnerin ins Bett ging. Kam es schon zu unangenehmen Situationen.
Zum Beispiel kam es vor das mir aufgrund von einer Unterzuckerung (2,5-3 mmol/l => Also noch keine starke) keine Errektion möglich war oder nur sehr kurzzeitig anhielt. Es war zwar verständlich, aber auch frustrierend, das sie keine Lust mehr hatte, nachdem ich Cola ect. trank. Ich lernte daraus das ich durchaus vorausschauender sein muss (keine Spätmahlzeiten, andere Tagesplanung, vorher messen ect…). Ansonsten hab ich eigentlich keine weiteren Erfahrungen diesbezüglich gemacht.

Duffek, Widner & Schlomann „DiabetesIndex“ GbR

Aretaios von Kappadozien

Aretaios von Kappadozien

Mit dem Leben des berühmten Arztes, welcher von 81 bis 138 n. Chr. lebte, soll unsere Serie der Geschichte des Diabetes beginnen. Seine Ausbildung, wahrscheinlich in Alexandria, wurde geprägt durch alte Schriften, die von den jungen Medizinern dogmatisch übernommen wurden. Aretaios war in dieser Hinsicht eine Ausnahme: Alleinig Hippokrates schien sein Vorbild gewesen zu sein.
Aus seiner Feder kommt die Bezeichnung „Diabetes“ für die uns heute bekannte Krankheit. Sehr genau beschreibt er die Symptome des starken Durstes und des hohen Harndranges, die heute als Hinweise auf Diabetes gelten. Daher kam er auf den Namen „diabetes“, zu Deutsch: „Durchfluss“. Bis ins 16 Jahrhundert war der Mediziner vergessen, als Iunius Paulus Cassus aus Padua einige schlecht erhaltene griechische Manuskripte in die Hände fallen, und er diese in Latein übersetzt neu verlegt. Aufgrund dieser Schriften fügt der englische Arzt Thomas Willis (1621-1675) dem griechischen Wort „diabetes“ das lateinische „mellitus“, dt.: „honigsüß“, hinzu.

Inhaltliche teilweise Quelle: Dialog 1/2005, S.22

Persönlichkeiten, die Diabetes hatten

Persönlichkeiten, die Diabetes hatten

Dieser Artikel soll Persönlichkeiten aus der Geschichte vorstellen, die höchstwahrscheinlich Diabetes hatten. Den ersten Teil nimmt König Heinrich VIII. ein.

Der englische König ging gleich in mehrerer Hinsicht in die Geschichte ein. Er hatte nicht nur mehrere Frauen (6), von denen die ersten zwei ihm keine männlichen Nachkommen schenkten, was ihrem Todesurteil gleichkam, sondern gründete aufgrund des Scheidungsverbots der spätmittelalterlichen katholischen Kirche auch die anglikanische Staatskirche, deren Oberhaupt er war. Mit ca. 45 Jahren kamen Symptome ans Tageslicht, die einen heutigen Typ-2-Diabetes charakterisieren würden: Er wurde fettleibig, launisch, motivationslos und hatte Schmerzen in den Beinen. Weiterhin hatte er viel Durst. Seine Geschwister litten an dem gleichen Problemen, was auf eine genetische Belastung hinweist.

Auch August der Starke von Sachsen ist an schwerer Diabetes gestorben.
„August der Starke“ wurde als Friedrich August I. am 12.05.1670 geboren gestorben am 1. Februar 1733
Am Ende seines Lebens litt August der Starke an den Folgen seines ausschweifenden Lebenswandels. Die Zuckerkrankheit ließ ihn jedoch nicht enthaltsamer leben. Die Vorschriften der Ärzte beachtete er nicht.

Die Geschichte des Insulins

Die Geschichte des Insulins und der Behandlung des Typ-1-Diabetes
Schon die Ärzte der Antike kannten den „honigsüßen Urinfluss“, so die wörtliche Übersetzung von Diabetes mellitus. Genauer wird schon im Ägyptischen Papyrus Ebers“ (1550 v. Chr.) die Zuckerkrankheit beschrieben. Gleichfalls altindische Schriften (300 v. Chr. bis 600 n. Chr.) zeugen davon, obwohl jedoch erst Paracelsus (1493 ? 1541) Diabetes als Stoffwechselkrankheit erkannte.

Paul Langerhans (1847-1888)Im 19. Jahrhundert zeigt Claude Bernard in Tierversuchen die Spaltung von Kohlenhydraten der Nahrung im Darm. Auch Paul Langerhans (1847-1888) beschftigt sich damit. 1868 beschreibt er in seiner Doktorarbeit über die Bauchspeicheldrüse besondere „Zellhaufen“ – die Produktionsstätten des Insulins. Sie werden 1893 nach ihm benannt. Der Zusammenhang zwischen Blutzucker und Bauchspeicheldrüse wurde allerdings erst 1889 von Oskar Minkowski entdeckt. Er entfernte mit Josef Mering zusammen auf Verdacht die Bauchspeicheldrüse bei Hunden, als er erkannte, dass diese nun die typischen Symptome von Diabetes zeigten. Folglich musste der Pankreas etwas absondern, dass den Zuckerstoffwechsel reguliert.

1921 (27.07.1921 Entdeckung) beschreiben es Frederick Banting und Charles Best (Toronto): Das Hormon Insulin. Damit erst wird eine Behandlung des Diabetes bei jungen Menschen überhaupt möglich – 30. Juli 1921, Entdeckung des Insulins – was den beiden 2 Jahre später den Nobelpreis für Medizin einbringt. Der 13 jährige Patient Leonard Thompson wurde Anfang Dezember 1921 ins Krankhaus eingeliefert. Nach einer üblichen Behandlung mit viel Trinken und kohlenhydratarmer Nahrung tritt meist der langsame Tod ein. Doch dieser ließ bei dem ersten Patienten noch 14 Jahre warten – hatte doch die zweite und konzentriertere Injektion die Blutzucker von ca. 520 auf 120 mg/dl gesenkt – und kam dann in Form einer Lungenentzündung. 1923 war ebenfalls die erste industrielle Insulinherstellung vollbracht. Das Insulin musste mehrmals täglich injiziert werden, da die Konzentration sehr gering war. (U5-U10 Eli Lilly – USA und U10 bis U20 Hoechst – Deutschland). 1936 entwickelt Hagedorn in Dänemark das erste Protamininsuline (NPH) und somit das erste aus der Klasse der Verzögerungsinsuline. 1940 kam das erstes Depotinsulin (Surfeninsulin) als klare Lösung ? kein Aufmischen mehr nötig ? raus. Dieses wird 1951 als erstes in einer fixen Kombination unter Verwendung von 1/3 Altinsulin und 2/3 Chinolinharnstoffderivat (Surfeninsulin) angeboten (Komb – Insulin von Hoechst).

955 beschrieb Frederick Sanger (UK) den chemischen Aufbau des Insulins. Dies war die erste Voraussetzung zur synthetischen Herstellung des Insulins, wofür er 1958 den Chemienobelpreis bekommt. Die Insulinsynthese gelang 1963.

Seit Ende der 70er Jahre werden Blutzuckermessungen durch den Patienten möglich, während der heute so bedeutsame HbA1c Wert erst 10 Jahre später messbar wurde. 1980 kommt auch die erste Insulinpumpe in Serie raus, obwohl erst 3 Jahre später das häufig in der Pumpe verwendete Humaninsulin erscheint. Bis dahin hatte man die Angst einer Insulinverknappung, da 50 Rinder gebraucht wurde, um einen Diabetiker mit tierischem Insulin zu versorgen. Insulinpens erscheinen nach 4 jähriger Testzeit genau gegen Mitte des Jahrzehnts (1985). 1996 wird das erste kurz wirkende (Lispro) und 2000 das erste langwirkende Insulin Analogon (Glargin) eingeführt.

Quelle: u.a. Prof. Dr. med. Stephan Matthaei, Einführung: Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus Typ-1 – Was war, was bleibt, was kommt?. Auf dem AccuChek Symposium 2005, Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft 2005 in Berlin (ICC); GlucoNews 2/2005, S.6-7

 

 

Prof. Dr. Oskar Minkowski

Prof. Dr. Oskar Minkowski

Im Jahre 1931, genauer gesagt am 18.06. starb einer der größten Diabetesforscher im deutschsprachigen Gebiet. Auf einer Sitzung der Deutschen Gesellschaft für innere Medizin wurde er und sein Werk mit folgender Rede geehrt. „…Als Assistent schon, zu Königsberg, fand er die Acetessigsäure im Harn von Diabetikern, in Straßburg war es, wo der Dreißigjährige in gemeinsamer Arbeit mit v. Mering den Pankreasdiabetes entdeckte. Die Entdeckung des hämolytischen Ikterus war seine dritte Großtat. […] Bis zuletzt konnten wir an ihm jene Eigenschaften bewundern, die seine Erfolge ermöglichten: den kristallklaren, allem Mystischen abholden Verstand, scharfe Kritik und dabei doch jenen Einschlag von Phantasie, jenes Künstlerische, ohne die ein großer Forscher nicht denkbar ist.[…]“

Nun ein paar Daten zu seinem Leben: Oskar Minkowski wurde im Januar 1858 in Litauen, damals Bestandteil des zaristischen Russlands geboren. Aufgrund seines jüdischen Elternhauses, wurde die Familie in den 70er Jahren, des vorletzten Jahrhunderts gezwungen in das liberalere Ostpreussen auszuwandern. Nach seinem Abitur studierte er unter preussischer Staatsbürgerschaft in Freiburg und Königsberg Humanmedizin, in welchem er auch in der letztgenannten Stadt promovierte. Im Jahre 1888 folgte er seinem ehemaligen Mentor nach Staßburg wo er mit Dr. Joseph von Mering seine größte Entdeckung machte. Er entfernte einem Hund die Bauchspeicheldrüse und konnte eindeutig nachweisen, dass durch diese technisch schwierigen Eingriffe jederzeit ein echter Diabetes hervorgerufen werden konnte.

Prof. Dr. Otto Rostoski Diabetologe

Prof. Dr. Otto Rostoski
Der Dresdner Mediziner Rostoski ist eigentlich sehr unbekannt. Trotzdem wurde mindestens 2 Mal vom Präsidenten der Deutschen Diabetes Gesellschaft nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges geehrt: Zum einen in seinem Todesjahr 1962 (10. Januar) und zum anderen 2002 bei der Eröffnungsrede der Jahrestagung in Dresden. Wer war dieser unbekannte Wissenschaftler? In der Uckermark (heute: Welsebruch) aufgewachsen, in Posen – heute Poznan – das Gymnasium abgeschlossen studierte er in Würzburg ab 1892 Humanmedizin Mit 29! beendete er dort seine Habilitation und reiste als Vortragsreisender durch Europa. 1907 kehrte er nach Würzburg zurück und wurde zum Professor der inneren Medizin ernannt. 1910 kam sein Wechsel zur Medizinischen Klinik des Johannstädter Krankenhauses in Dresden, wo er 1923 eine vorbildliche Diabetesambulanz errichtete, die in den 20er Jahren für viel Aufsehen sorgte. 1927 wurde in der Klinik die erste Diabetesstation gegründet. Sein Forschungsgebiet war das Coma diabeticum. Nach dem Zweiten Weltkrieg wollte er sich eigentlich nur noch dem Diabetes widmen und andere Forschungsrichtung, wie beispielsweise dem Lungenkrebs wo ihm sehr viel Ehre zu Teil wurde, niederlegen. Trotzdem wurde er 1954 als 80 jähriger Mann zum Lehrstuhlinhaber für die neue „Carl-Gustav-Carus“-Akademie ausgewählt. Zwei Jahre hielt er diesen verantwortungsvollen Posten und weitere zwei Jahre später zog er sich mit 85 Jahren von seiner ärztlichen Tätigkeit zurück. Sein Schüler Prof. Hans Haller entdeckte das Metabolische Syndrom.

Quelle: Lantsch, Schneider, Gürl: Ein vergessener Diabetologe?. In: subkutan 3/2002, S.27-29

Prof. Karl Stolte „Diabetologe“

Prof. Karl Stolte „Diabetologe“ im dritten Reich und in der frühen EX-DDR 

Geboren 1881 in Straßburg, in der dortigen Universität sein medizinisches Staatsexamen im Jahre 1904 abgelegt, wurde er zum 1. Oktober 1916 als Direktor der Kinderklinik Breslau berufen. Ab 1929 entwickelte Stolte dort sein Konzept zur flexiblen Behandlung von Diabetes bei Kindern unter der Bezeichnung „Freie Diät“. Nach dem Krieg ging die Arbeit in Greifswald weiter, wo er als Direktor der Universitätskinderklinik bis Mitte 1948 arbeitete. Seine letzte Arbeitsstelle war die Uniklinik Rostock, die er bis zu seinem Tode 1951 leitete.

Mit seinem Behandlungskonzept der bedarfsgerechten Insulingebung bei Typ-1-Diabetes hatte er die ICT 50 Jahre vorweggenommen. Da jedoch das medizinische Meinungsbild in der Endokrinologie diese Entwicklung nicht mitmachen wollte, und der zweite Weltkrieg eine größere Publikation nicht erlaubte, blieben seine Erfolge nur auf Breslau, sowie Umgebung beschränkt. In der DDR hatte es dieser herausragende Wissenschaftler und Kliniker ebenfalls nicht einfach. Erst 30 Jahre nach seinem Tod, begann man seine aufgezeigten Therapiemöglichkeiten in der gesamten Republik umzusetzen. Auf der 25. Jahrestagung der DDG 1990 in Düsseldorf wurde zum ersten Mal der „Karl Stolte Preis“ an zwei Ärzten vergeben.

Er behauptete bei der Beschreibung seiner „Freien Diät“: „dass es möglich sein müsste, mit Hilfe des Insulins den Stoffwechsel der Kinder in normale Bahnen verlaufen zu sehen. Das war der Grund, weswegen wir schon bald nach der Einführung des Insulins die Kinder in folgender Weise einstellten. Wir gaben ihnen die Kost, die sie zu Hause hatten, indem wir die Kinder drei Tage nach der Aufnahme sich die Menge der einzelnen Speise frei wählen ließen. […] Zuckerkranke Menschen darf man nicht behandeln wie Versuchstiere, die Tag für Tag eine auf das Gramm vorgeschriebene Nahrungsmenge erhalten“. Als Messkriterium für diese Therapie wurden regelmäßige Uringlukosemessungen unternommen, und die Insulingabe in 3 Injektionen dementsprechend angepasst. Als erster erkannte er einen schwankenden Bedarf an Insulin (Basalinsulin) und versuchte diesen durch fraktionierter Gabe von raschwirkenden Insulin Rechnung zu tragen um einen Stoffwechsel, ähnlich des Nichtdiabetikers zu simulieren. Als 1939 nach Entdeckung des Verzögerungsinsulins, dieses angewandt werden sollte, weigert sich Stolte. „Eine bedarfsorientiere Insulingabe ist nur mit schnellwirkenden Insulin machbar“. In einer Publikation hebt er den Wert des Pankreas in besonderen Maße hervor. Der Pankreas ermögliche es, daß der gesunde Mensch längere Zeit hungern oder sich „überessen“ könnte, ohne eine Unter- bzw. überzuckerung zu bekommen. Dieses dynamische Handeln mit Insulin erklärte er zu seiner Zieltherapie. Gleichfalls kann man ihm hoch anrechnen gegen den Widerstand seiner Kollegen eine Diätunabhängige Therapie für Typ-1-Diabetiker/innen entwickelt zu haben. (Gegensatz Carl von Noorden).

Die Geschichte von mmol pro Liter

Die Geschichte von mmol pro Liter

Im internationalen Rahmen wurde nach dem 2. Weltkrieg ein einheitliches System von Maßeinheiten entwickelt. Die Grundlage bildeten sechs Basiseinheiten: Meter(Länge), Kilogramm (Gewicht), Sekunde (Zeit), Ampere (Stromstärke), Kelvin (Temperatur) und Candela (Lichtstärke). In wieweit dieses Systeme International d’Units (kurz SI) funktioniert sieht man auf der einen Seite an der geringeren Nutzung von Meter in Vergleich zu Meilen oder Fuß und auf der anderen Seite in der Angabe von Celsius, obwohl es Kelvin sein sollte. Das gleiche Schicksal hat auch mmol ereilt, welche 1971 als siebte Einheit hinzukam. So hat sich das SI System trotz WHO Empfehlung in einigen Ländern nur im technischen und wissenschaftlichen Bereich durchgesetzt und konkurriert im Bereich Diabetes in fast jedem Land mit mg/dl. Mmol wurde von dem Turiner Physiker Conte Amadeo Avogadro (1776-1856) eingeführt. In Deutschland kam es durch die Zeit des Kalten Krieges zu der Zweiteilung: Während die ehemalige DDR, genauso wie die Sowjetunion, das SI übernahm, wurde und wird in den alten Bundesländern an der konventionellen Angabe mg/dl festgehalten. Bei Umzügen und Reisen von den alten in die neuen Bundesländer und umgekehrt ist es somit enorm wichtig, dass Sie die Maßeinheiten miterwähnen/-aufschreiben, damit im Notfall keine Verwechslungen passieren (25 mmol/l ist eine hohe Entgleisung mit Ketoazidosegefahr und 25 mg/dl eine schwere Unterzuckerung).

Inhaltliche teilweise Quelle: AccuChek Dialog 3/2005, S.22

Diabetes in der (Ex-)DDR

Diabetes in der (Ex-)DDR

Die oralen Antidiabetika entstanden meist erst nach dem 2. Weltkrieg. Obwohl schon in den 40er Jahren bekannt, wurde auch in der DDR erst in den 50er Jahren die blutzuckersenkende Wirkung der Sufanylharnstoffe untersucht und zur Produktionsreife gebracht. In der chemischen Fabrik von Heyden/Radebeul wurde unter Haack und Carstens die Wirkung der Depot Sulfonamide (CA 1022, Loranil, 1951 synthetisiert) untersucht. So dass, das später unter dem Namen Oranil erscheinende Produkt in den 50er Jahren erprobt werden konnte. Die Flucht von Haack in den Westen war der Startschuss des unter Boehringer/Mannheim veröffentlichte Medikament BZ 55, welches im Westen weiterentwickelt wurde. Doch auch in Dresden ging die Entwicklung weiter. Der Sulfanylharnstoff Tolbutamin, ebenfalls in Ost und West fast zeitgleich entwickelt kam in der DDR unter dem Namen Orabet raus. Doch der fast als Wettstreit zu bezeichnende Forschungsdrang führte zur nächsten Generation von Antidiabetika: Glibenclamid. Dieses fand sich westlich der Mauer in dem Präparat Euglucon und östlich der Grenze als Maninil wieder. Dies war in der DDR auch das letzte orale Antidiabetika welches sich bis zur Wende mit Orabet den „Markt“ teilte, während die westdeutsche Entwicklung noch einige besondere Ableger dessen mit einem besonderen Wirkungsprofil hervorbrachte. Die Produktion an Maninil war trotz steigender Typ-2-Diabetikerzahlen und beginnenden ernsthaften wirtschaftlichen Problemen nie gefährdet: Es wurde sogar zu einem Exportschlager, bspw. in die Sowjetunion oder anderen Ländern.

Wie sah es nun mit den Biguaniden aus, welche heute noch in Form von Metformin ein häufiges Medikament darstellen. Die DDR Forschung setzte jedoch, obwohl Metformin bekannt war, auf Buformin. Dieses wurde bis zur Wende in großen Maßen produziert und dann international bedingt auf Metformin umgestellt.

Die Verschreibung jeglicher Antidiabetika, sei es Insulin oder oraler Natur, durften nur in speziellen Kreis- und Bezirksstellen für Diabetes erfolgen. Dies hatte den Vorteil, dass die Versorgung nur in den Händen ausgebildeter Spezialisten, bspw. in der Diabetesklinik Karlsburg oder bis 1978 in der zentralen Kinderklinik für Diabetes auf Rügen (Garz), lag und die Patienten so weit wie möglich versuchten mit gewichtsreduzierende und diätische Maßnahmen auszukommen. Ein weiterer Vorteil der zentralen spezialisierten Betreuung des Diabetes lag in der genauen – noch heute für Deutschland einmaligen Statistik. So wurden 40% nur mit Diät behandelt, 40% mit oralen Antidiabetika und 20% mit Insulin. Der hohe Anteil der Diätpatienten resultierte aus den systematischen und oft wiederholten flächendeckenden Reihenuntersuchungen, um den Diabetes Typ-2 so früh wie möglich zu entdecken.(1)

Bei Typ-1-Diabetes sah das nicht ganz so rosig aus, da Hilfsmittel eher Mangelware waren als chemische orale Medikamente. Einmalspritzen, Blutzuckermesstreifen und später Pens waren zwar bekannt und wurden auch erforscht, konnten jedoch aufgrund von Produktionsknappheit nicht im ausreichenden Maße hergestellt werden. In den 50er und 60er Jahren wurden viele Typ-1-Diabetiker aufgrund von Insulinknappheit noch mit importierten Insulin aus Dänemark versorgt. Die Kanülen zur Injektion waren oft sehr dick und mussten selbst nachgeschliffen werden. Diese Prozeduren und Probleme waren zwar im Westen ebenfalls bekannt, konnten jedoch in den 80er Jahren abgelegt werden. Stattdessen gab es starre Eß- und Spritzschemata (CT) und strenge Diäten. Blutzuckerteststreifen gab es nur für Kinder, Schwangere und labile Typ-1er. Der Rest musste bis Mitte der 80er Jahre den BZ in der Klinik messen lassen. Nur Harnmesstreifen waren für den Ambulanzen und begrenzt auch zu Hause vorhanden. Weniger schön war gleichfalls die – gleichfalls im Westen spät eingeführte – in der DDR jedoch verbotene Selbsthilfe und der Erfahrungsaustausch. Privates Engagement wurde in den Augen des Ministeriums für Staatssicherheit als immanente Systemkritik gesehen. 1984 wurde ein von den Bezirksdiabetologen eingesetztes „Patientenaktiv“ eingesetzt, welches sich zwei Mal jährlich in Karlsburg traf und Mitspracherecht im Sinne des Patienten erstritt. Westdeutsche Einwegspritzen wurden auf diesem Weg in die DDR importiert.(2)

So läßt sich international zusammenfassen, dass die Versorgung der Diabetiker in der DDR zwar Schwachstellen hatte, im Vergleich jedoch auf gutem Niveau war.

Inhaltliche teilweise Quelle: Diabetes aktuell 3/2004 S.38-30 (Prof. Dr. Waldemar Bruns) (1) u. Diabetiker Ratgeber 4/2007 S.77-82 (2)